New Bridge to the U.S.

Continuing to Build Bridges

Bericht der zweiten Kohorte des New Bridge Program to the U.S.

Verfasst von Rita Lieder, Azadê Peşmen, Yen Dieu Pham

Am sechsten Juni begann die Reise der zweiten deutschen Kohorte des New Bridge Programms. Gleich zu Beginn wurde eines schnell klar: Es ist eine Gruppe neun diverser Menschen, aus verschiedenen Berufsfeldern, mit unterschiedlichen Perspektiven.

Beim ersten offiziellen Programmpunkt konnten sich die Fellows mit einigen der Vertreter*innen der Organisationen austauschen, die das Programm unterstützen, wie das Auswärtige Amt, die Neuen Deutschen Medienmacher*innen, die Deutschlandstiftung Integration und Schotstek sowie mit Alumni aus der ersten Kohorte. Der erste inhaltliche Termin unserer Reise fand am nächsten Tag im Auswärtigen Amt statt, in einem Raum, der nach einer bedeutenden Diplomatin benannt wurde: Elinor von Puttkammer. Dort nahm sich Staatsminister Dr. Tobias Lindner Zeit, um zu erklären, wie wichtig die transatlantischen Beziehungen für die Sicherheit Europas und vor allem für die Sicherheit Deutschlands sind. Er gab uns den Rat mit auf den Weg, unser eigenes Bild der USA, das wir bereits haben, kritisch zu hinterfragen. Bei der Deutschen Gesellschaft für Außenpolitik (DGAP) hat uns Dr. Dominik Tolksdorf mit all dem Wissen ausgestattet, das wir für die Reise in die USA brauchen: das politische System der USA, der Unterschied zwischen federal und state politics und nicht zuletzt das Thema, in dessen Schatten die komplette Reise steht: die Präsidentschaftswahl im November.

Wir diskutierten über unterschiedliche Wählergruppen, die relevanten Wahlkampfthemen und welche Positionen die beiden Kandidaten vertreten. Es deutete sich an, was sich auf der Reise, aber auch in dem darauffolgenden Termin bestätigte: Die US-amerikanische Gesellschaft ist tief gespalten. Und diese Polarisierung ist dem System inhärent, wie uns Theresa “Tsesa” Monaghan, Beraterin von Michael Link, dem Koordinator für transatlantische Zusammenarbeit, und Ana Ramic, Vice President und Chief of Staff der American Academy in Berlin, erklärten. Sie kennen sowohl die deutsche als auch die US-amerikanische Gesellschaft sehr gut und haben uns nähergebracht, worin die kulturellen Unterschiede beider Länder liegen. Der Journalist Martin Klingst, der seit vielen Jahren aus und über die USA berichtet, war ebenfalls Teil der Gesprächsrunde. Er hat uns auf etwas aufmerksam gemacht, das wir mit den Stationen Washington D.C., Atlanta und Montgomery wenige Tage später selbst erleben würden: Es gibt nicht ein Amerika, sondern mehrere Amerikas.

Es gibt nicht ein Amerika, sondern mehrere Amerikas.

Mit diesem Satz im Ohr ging es für uns nach Washington, D.C., unsere erste Station in den USA. Der erste Tag in Washington startete mit einer historischen Stadtführung, bei der wir die Monumente besichtigen konnten, die viele sonst nur aus Filmen und Serien kannten. Ein Baseball-Spiel und ein Empfang mit NBP-Alumni aus und um Washington, D.C., rundeten den Tag ab. Die neue Woche startete mit einem Gespräch mit Jake Silverman im Büro der Kongressabgeordneten Nikema Williams, der uns auf die Herausforderung des Wahlkreises in Atlanta, GA, aufmerksam machte. Ein Termin mit dem deutschen Botschafter Andreas Michaelis drehte sich vorrangig darum, was die Menschen in den USA mitunter am meisten bewegt: Migration. Anders als in Deutschland hat in den USA der Arbeitsmarkt eine sehr hohe Absorptionskraft. Mit Layla Zaidane, President und CEO von Future Caucus, diskutierten wir die tiefe Spaltung im Land und wie sie überwunden werden kann, gerade im Hinblick auf die anstehenden Wahlen. Ein nicht zu unterschätzender Faktor bei Wahlen stellen Desinformation und Cyberangriffe dar. Beide Phänomene sind bereits in vergangenen Wahlen in den USA aufgekommen und so konnten wir mit Sabra Horn, Unternehmerin mit langjähriger Erfahrung bei der NSA, Brian Murphy von Logically.ai und Hallie Stern, der Gründerin von Terra Optica, über diese dringlichen Herausforderungen sprechen. Hallie Stern bekräftigte, wie einfach es sei, Wahlen zu manipulieren und dass die Wahlkampfkosten weitaus höher seien als die Kosten, die man aufbringen müsse, um die Wahl gezielt zu manipulieren. Viele dieser Themen fanden sich bei weiteren Gesprächen während eines Besuchs des ARD-Studios oder der Bertelsmann Foundation wieder. Alton Buland, Principal Director for Europe and NATO, empfing uns im Pentagon und verdeutlichte die transatlantische Sicherheitsallianz in Zeiten der Unsicherheit.

Nach zwei Tagen in D.C. ging es weiter in den Süden, the deep south, in die Hauptstadt von Alabama, Montgomery. Knapp 200.000 Einwohner wohnen dort, die Stadt ist bekannt als Geburtsstätte der Bürgerrechtsbewegung. Am 1. Dezember 1955 verweigerte die Afroamerikanerin Rosa Parks, ihren Platz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen und wurde dadurch zur Ikone der Bürgerrechtsbewegung. Dr. Martin Luther King diente als Pastor in einer baptistischen Kirche in Montgomery und half, den Busboykott zu organisieren. Zu ihren jeweiligen Gedenkorten in der Stadt führte uns Dr. Maurice Robinson, Juniorprofessor für Geschichte an der Alabama State University. Wir begannen unsere Walking Tour bei der abendlichen Sonne und liefen dabei die zentrale Straße hoch zum Capitol. Oben angekommen wundern wir uns über das direkt vor dem Capitol stehende Denkmal von Jefferson Davis – Präsident der Konföderierten Staaten im Amerikanischen Bürgerkrieg und Befürworter der Sklaverei. Die Debatte über die Berechtigung solcher Denkmäler läuft in den USA seit längerer Zeit und hat seit der Black-Lives-Matter-Bewegung eine neue Dimension erfahren. Erstaunlich: die Rosa Parks Statue steht an demselben Platz, auf dem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Sklaven versteigert wurden. Die Geschichte(n) und Gegensätze gehen in Montgomery Hand in Hand.

Am nächsten Tag besuchten wir das Legacy Museum – From Enslavement to Mass Incarceration. Ein Museum, das nicht nur die Geschichte der Sklaverei in den USA schildert, sondern auch von denen erzählt, deren Leid auch nach dem offiziellen Ende der Sklaverei nicht aufhörte. Mehr als 4.000 Afroamerikaner wurden durch die bis in die Mitte des 20. Jahrhundert stattgefunden lynchings auf brutalste Weise getötet. Die Ausstellung führt über die Bürgerrechtsbewegung hin in die Gegenwart, in der 70 Prozent aller Inhaftierten in den USA Afroamerikaner sind. Besonders schockierte uns die Zahl der Minderjährigen, die zu lebenslangen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt wurden: 3.000 Menschen und 90 Prozent dieser sind Schwarz. Was wir dort erlebten und erfahren, wird uns noch lange beschäftigen. Bei dem Abendessen unterhielten wir uns mit Pastor Manuel Williams, Mr. und Mrs. Robinson und Mr. und Mrs. Montgomery über das Leben in der Stadt. Mrs. Montgomery war Nachbarin von Dr. Martin Luther King und Zeitzeugin der Bürgerrechtsbewegung. Ihr Leben hat sie dem Engagement für die Gleichberechtigung von Schwarzen Menschen gewidmet.

Die letzte Station unseres Aufenthalts in Montgomery verbrachten wir im Southern Poverty Law Center (SPLC). Wir wurden von Tafeni English, der Leiterin der lokalen Niederlassung von SPLC, empfangen. Mit Laura Williamson, Jess Unger und Lisa Borden, die sich in ihrer Arbeit insbesondere auf das Wahlrecht fokussieren, sprachen wir über die aktuellen Herausforderungen im Hinblick auf die Wahlen im November 2024 und die bedeutende Arbeit des SPLC. Wir verließen Montgomery nachdenklich, mit vielen neuen Erkenntnissen und im Bewusstsein darüber, was für eine einzigartige Erfahrung es war, die Stadt und ihre Menschen kennenzulernen.

Wir verließen Montgomery nachdenklich, mit vielen neuen Erkenntnissen und im Bewusstsein darüber, was für eine einzigartige Erfahrung es war, die Stadt und ihre Menschen kennenzulernen.

Bevor wir zu unserem letzten Reiseziel, Atlanta, aufbrachen, hatten wir die besondere Ehre, als erste Gäste im neuen Community Space der Joachim Herz Stiftung von Katrin Traoré, Iris Schultz und Antonio („Tony“) Izzo empfangen zu werden. Bei einem kleinen Nachmittagssnack bot sich die Gelegenheit, sich über die Arbeit der Stiftung sowie unsere bisherigen Highlights und Beobachtungen der Reise auszutauschen.

Der letzte Tag unserer Studienreise in Atlanta versprach, ein aufregender und abwechslungsreicher Abschluss unserer Reise zu werden. Wir starteten mit einer Diskussionsrunde zum Thema „Global Health and Pandemic Preparedness“, ein Thema, dessen Relevanz uns allen durch die COVID-19-Pandemie vor Augen geführt wurde. Im Rathaus von Atlanta gab uns Malik Brown, Direktor der Division of LGBTQ Affairs der Stadt Atlanta und NBP-Alumnus, einen Einblick in seine Arbeit. Der Austausch über internationale und migrantische Angelegenheiten mit Paulina Guzman und ihrem Team im Office of International and Immigrant Affairs bereicherte die Diskussion zusätzlich. Es war beeindruckend zu hören, wie sie mit ihrer Arbeit eine inklusivere und unterstützendere Gemeinschaft für alle Bürger*innen schaffen, insbesondere in einem Bundesstaat wie Georgia, der sich zunehmend konservativer ausrichtet. Gleichzeitig wurde deutlich, dass es Phänomene gibt, die transatlantisch auftreten, wie zum Beispiel Rassismus und Transfeindlichkeit innerhalb queerer Communities.

Danach ging es weiter zur Coca-Cola Company. Hier trafen wir Jonathan „Rocky“ Rief, der mit uns über transatlantische Geschäfts- und Handelsbeziehungen sprach. Er teilte seine Einschätzungen zu den Verantwortlichkeiten von Unternehmen, Staaten und Individuen und gab Einblicke in das Risikomanagement des Unternehmens, das seit der Pandemie verstärkt unwahrscheinliche, aber tiefgreifende Ereignisse mitberücksichtigt. Der Tag endete mit einem Empfang der Halle Foundation, bei dem uns Marshall Sanders herzlich begrüßte. Wir bekamen hier die Gelegenheit, uns mit transatlantischen Expert*innen, verschiedenen Organisation und NBP-Alumni auszutauschen. Der Abend war geprägt von inspirierenden Gesprächen und neuen Netzwerken, die unsere gemeinsamen Ziele und Visionen für eine bessere Zukunft unterstrichen.

Während der gesamten Reise war eine tiefe Dankbarkeit innerhalb der Gruppe spürbar. Wir schätzten das Glück, die vielen Gespräche zu führen, Einblicke in Bereiche zu bekommen, die uns sonst verwehrt bleiben, und all das mit einer Gruppe zu erleben, die viele unterschiedliche Kompetenzen vereint. Unser besonderer Dank gilt all den Menschen, die ihre Zeit, ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit uns geteilt haben, und den Unterstützer*innen und Partner*innen des Programms. Außerdem bedanken wir uns sehr bei Alina Burkholder, Laura Vogel und Lisa Schnurpfeil für die hervorragende Organisation und ihr Engagement, das diese Reise zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht hat. Wir freuen uns sehr auf unsere Zeit als Alumni des New Bridge Programms.

New Bridge to the U.S. wird von der Joachim Herz Stiftung und der Halle Foundation unterstützt.

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