„Die radikale Rechte in Europa wird langfristig nicht vom Trumpismus profitieren“
Manfred Weber, Partei- und Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), sieht unterschiedliche Interessen im rechtspopulistischen Lager dies- und jenseits des Atlantiks. Im Kurzinterview nach den Europa-Wahlen spricht er auch über deren Implikationen für die transatlantischen Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa in der Wirtschafts-, Handels- und Sicherheitspolitik.
Herr Weber, wie groß ist die Gefahr, dass sich nach der Europa-Wahl ein rechtspopulistischer transatlantischer Block zwischen der AfD, weiteren europäischen Parteien aus dem rechtsextremen Lager und dem Trumpismus in den USA manifestiert?
Das Lager der Rechtspopulisten und radikalen Rechten in Europa ist sehr zersplittert. Diese versuchen teils dem Trumpismus oder zumindest dessen Stil nachzueifern oder teils im Fahrwasser zu schwimmen. Das muss man aufmerksam beobachten und darauf reagieren, vor allem was die Methoden und Auswirkungen auf uns im Inneren in Europa angeht. Aber Europa ist auch nicht die USA. Die gesellschaftlichen Strukturen, die Geschichte und auch die Interessen sind anders. Wenn man sich die Situation genauer anschaut, dann sind auch die Interessenslagen im radikal rechten Lager dies- und jenseits des Atlantiks recht unterschiedlich. Dies wird im Moment, da Trump II noch abstrakt ist, nicht so deutlich. Sollte Donald Trump aber erneut gewählt werden, werden Unterschiede, sei es in internationalen, transatlantischen, Sicherheits- oder Wirtschaftsfragen doch sehr schnell erkennbar werden. Ich sehe nicht, dass die radikale Rechte in Europa davon langfristig profitieren kann.
Welche generellen Konsequenzen dürften die Wahlen zum Europäischen Parlament aller Voraussicht nach für die transatlantischen Beziehungen haben?
Die Wählerinnen und Wähler in Europa haben für mehr bürgerliche Politik gestimmt. Wir als EVP sind als Kraft der Mitte gestärkt worden, genauso gemäßigte Konservative. Die bürgerliche Mitte und die demokratische Rechte sind überwiegend sehr transatlantisch ausgerichtet, sowohl historisch als auch in der aktuellen Politik. Insofern sind die Europawahlen in dieser Hinsicht ein Zeichen für mehr transatlantische Kooperation. Deshalb erhoffe ich mir, dass wir dies auch für konkrete Ergebnisse nutzen.
In welchem politischen Themenfeld der Europäischen Union erwarten Sie die größten Auswirkungen von den Wahlen in Europa für das Verhältnis der EU zu den Vereinigten Staaten?
Für uns als EVP stehen in den nächsten Jahren die Themen Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit sowie Sicherheit ganz oben auf der Agenda. Das sind auch die Themen, in denen wir den engen Schulterschluss mit den USA suchen müssen. Die Zusammenarbeit der Demokratien auf der Welt ist eine Schlüsselfrage für die Zukunft, sei es in Sicherheits-, Wirtschafts-, Handels- oder anderen Fragen. Und dabei ist die transatlantische Zusammenarbeit die bedeutendste. Ich wünsche mir, dass wir neue und erneute Anläufe für konkrete Projekte in diesen Feldern machen. Nur gemeinsam können wir China und Russland die Stirn bieten und den freiheitlichen Lebensstil weltweit stärken.
Manfred Weber ist Partei- und Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP) und stellvertretender CSU-Parteivorsitzender.