„In Afghanistan haben wir erneut europäische Schwäche erlebt“
Im Folgenden präsentieren wir eine Auswahl von Einschätzungen und Bewertungen unserer Vorstandsmitglieder zum Truppenabzug aus Afghanistan und der aktuellen Lage in Kabul. Die Veröffentlichungen stammen aus Interviews in diversen Medien. Klicken Sie auf die jeweiligen Links, um die vollständige Fassung der Debattenbeiträge nachzulesen, anzuhören bzw. anzusehen.
Sigmar Gabriel, Bundesminister und Vizekanzler a.D., Vorsitzender der Atlantik-Brücke:
„Die USA haben auch eine Gelegenheit verpasst, mit China und auch Russland zusammenzuarbeiten. Denn keines dieser Länder hat ein Interesse daran, dass Afghanistan wieder ein „failed state“ wird, aus dem erneut internationaler Terrorismus heraus exportiert werden könnte. Möglicherweise hätte China sogar der Entsendung von Friedenstruppen zugestimmt, die gemeinsam mit den Luftstreitkräften der USA und der Nato die völlige Übernahme Afghanistans durch die Taliban hätten aufhalten können.“
Gastbeitrag von Sigmar Gabriel und Shimon Stein im Tagesspiegel
„Das oberste Ziel ist gewesen, die terroristischen Strukturen von Al-Qaida zu zerstören. Spätestens mit der Gefangennahme von Osama bin Laden vor ungefähr 10 Jahren hätte man sagen können „mission accomplished, wir gehen“. Schleichend ist aber „nation building“ als Ziel eingeführt worden. Diese zweite Zielsetzung, der idealistische Teil der Außenpolitik, ist gescheitert.“
Interview mit Sigmar Gabriel im WDR 2
Norbert Röttgen, Bundesminister a.D., MdB (CDU/CSU), stellv. Vorsitzender der Atlantik-Brücke:
„In Afghanistan haben wir erneut europäische Schwäche und Ohnmacht erlebt und wir können es uns nicht mehr leisten, nur noch dann handlungsfähig zu sein, wenn wir mit den USA übereinstimmen. Wir müssen, auch wenn die USA kein Interesse an einem Gebiet hat, in der Lage sein, unsere Interessen gleichwohl zu vertreten.“
Norbert Röttgens Gespräch im SWR
Botschafter Wolfgang Ischinger, Vorsitzender, Stiftung, Münchner Sicherheitskonferenz, Mitglied des Vorstands der Atlantik-Brücke:
„Man muss in der Außenpolitik in der Tat vor allen Dingen mit denen reden, die nicht die Freunde sind. Mit den Freunden kann man abendessen. Mit den Gegnern, mit den Schwierigen, auch mit den Verbrechern muss man reden.“
Wolfgang Ischingers Gespräch im ARD Morgenmagazin
„Wenn es sich herausstellen sollte, dass die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates sich der Idee einer internationalen Schutzzone am Flughafen nicht verweigern, dann könnte das ein wichtiger Schritt der internationalen Gemeinschaft sein. Aber es steht und fällt alles mit der Frage, ob China und Russland das mittragen wollen oder zumindest bereit wären, sich zu enthalten.“
Wolfgang Ischinger im Gespräch mit dem rbb inforadio
Alexander Graf Lambsdorff, MdB (FDP), stellv. Vorsitzender der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, Mitglied des Vorstands der Atlantik-Brücke:
„Die Situation auf dem Kabuler Flughafen hat erneut gezeigt, dass wir militärisch von den USA abhängig sind, auch wenn es um die Rettung deutscher Staatsangehöriger geht.“
Alexander Graf Lambsdorff im Gespräch mit der Augsburger Allgemeinen
„Wir haben die Zügel hier nicht mehr in der Hand. Die Taliban haben nun die Entscheidungshoheit darüber, was mit den deutschen Staatsbürgern und den Ortskräften passiert.“
Alexander Graf Lambsdorff im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
Omid Nouripour, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), außenpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Mitglied des Vorstands der Atlantik-Brücke:
„Die Taliban werden sich an keine UN-Resolution halten – die halten sich an nichts“
Omid Nouripour im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland
„Man muss mit den Taliban reden wie man mit Geiselnehmern redet. Und nicht so, als wären sie Gesprächspartner oder als würden sie ein Land repräsentieren. Kanada hat relativ schnell nach dem Fall von Kabul erklärt, sie würden die Taliban nicht als Regierung Afghanistans anerkennen. Ich finde das goldrichtig.“