Die Tür ist für Gespräche noch geöffnet
von Eveline Metzen
Präsident Trumps Unterzeichnung des Erlasses von Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte hat Wirtschaft wie Politik gleichermaßen in Unruhe versetzt. Diese einseitige protektionistische Maßnahme belastet die transatlantische Partnerschaft und hat weitreichende Konsequenzen für die globale Wirtschaft, denn sie könnte eine Eskalationsspirale im weltweiten Handel in Gang setzen, an deren Ende es keine Gewinner gibt.
Auch wenn Donald Trump in manchen Entscheidungen sprunghaft sein mag, ist sein Empfinden, dass die USA von ihren Handelspartnern übervorteilt werden, eine Konstante in seinem Denken. 1987 prangerte er in einem offenen Brief in der New York Times, der Washington Post und dem Boston Globe genau dies an. Entsprechend ist der Schutz der heimischen Wirtschaft eines der zentralen Themen seiner Politik. Der freie Handel müsse fair und „reziprok“ sein, betont der US-Präsident seit Beginn seiner Amtszeit. Gemeint ist, bestehende Handelsdefizite gegenüber anderen Ländern auszugleichen und Autonomie in Handelsabkommen zu erlangen. Diese Haltung manifestiert sich z.B. in der Neuverhandlung von NAFTA. Der aktuelle Erlass der Zölle auf Stahl und Aluminium knüpft an diese Maxime an.
Präsident Trump reagiert mit diesen Strafzöllen auf Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, hervorgerufen durch billigen, subventionierten Stahl und Aluminium aus China und Indien. Dieses Problem betrifft die USA und Europa gleichermaßen. Doch die Maßnahme trifft nicht die Verursacher. Das Gießkannenprinzip schadet in größerem Maße den Verbündeten der USA: Unter den zehn größten Stahlexporteuren in die USA befinden sich enge Alliierte und NATO-Partner, wie Europa und Kanada. Langjährige strategische Partnerschaften werden belastet und das eigentliche Problem der Überkapazitäten auf dem globalen Stahlmarkt bleibt ungelöst. Im Gegenteil, hier sind gemeinsame Anstrengungen der Partner vonnöten.
Es werden also die Staaten getroffen, die ihrerseits mit ihren Unternehmen zur Stärkung der Wirtschaft in den USA beitragen: Rund 3.700 deutsche Tochterunternehmen sichern in den USA 700.000 Arbeitsplätze und investieren in Infrastruktur und Bildung. Dabei produzieren sie nicht nur für den amerikanischen Markt, sondern exportieren weltweit.
„Die Zollmaßnahmen werden auch dem heimischen Markt langfristig mehr schaden als nützen.“
Mit dieser Maßnahme löst Präsident Trump aber auch ein Wahlversprechen an seine Kernwählerschaft ein: Jobs zu schaffen für die arbeitslosen blue collar workers in den von alter Industrie geprägten Rust Belt-Staaten im Mittleren Westen. Die Rechnung könnte am Ende jedoch nicht aufgehen, denn die Zollmaßnahmen werden auch dem heimischen Markt langfristig mehr schaden als nützen. Zum einen ist der Arbeitsplatzabbau in der stahlproduzierenden Industrie auch eine Folge von Automatisierung. Zum anderen übersteigt die stahl- und aluminiumverarbeitende Industrie in den USA – wie die Automobil- und Luftfahrtindustrie, das Baugewerbe, aber auch die Hersteller von Lebensmittelverpackungen und Haushaltsgeräten – die produzierende Industrie in diesen Bereichen bei Produktion und Beschäftigung um das 40- bis 50-fache. Für diese Branchen wird sich die Produktion verteuern, von der Cola-Dose bis zur Mikrowelle. Dies wird sich entweder negativ auf die Unternehmensgewinne auswirken oder in Form steigender Preise an die heimischen Verbraucher weitergegeben werden und Arbeitsplätze gefährden. In den USA ist daher die Zahl der Kritiker groß – sowohl auf Seiten der Wirtschaft, als auch der Politik (darunter auch prominente Vertreter der Republikaner). In offenen Briefen äußern sie ihre Sorge über die schwindende Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen. Auch die Impulse für Wachstum und Beschäftigung, die die jüngst erlassene Steuerreform gesetzt hat, drohen konterkariert zu werden.
Doch nicht nur die Konsequenzen auf die heimische Wirtschaft, sondern auch mögliche Gegenzölle der Exportpartner und die Schwächung der Beziehungen zu den wichtigsten strategischen Partnern, werden in den USA als gefährliche Nebenwirkungen gesehen. So warnte Joshua Bolton, Präsident des Business Roundtable, „[…]it will hurt the U.S. economy and American companies, workers and consumers by raising prices and resulting in foreign retaliation against U.S. exporters.” In den USA hängen mehr als 40 Millionen Arbeitsplätze vom Handel ab, der durchschnittliche Bundesstaat exportiert ein Fünftel seiner Waren und ein Drittel seiner Dienstleistungen.
Die Befürchtungen über die globalen wie lokalen Auswirkungen der Strafzölle spiegelt auch eine aktuelle Umfrage von AmCham Germany wider. 93% der Befragten – deutsche und amerikanische Unternehmen – halten die einseitige Verhängung von Zöllen auf Stahl und Aluminium für nicht zielführend für die amerikanische Wirtschaft. Die USA sind Deutschlands wichtigster Exportmarkt, unsere Ökonomien sind eng miteinander verflochten, sodass sich einseitige protektionistische Maßnahmen auf beiden Seiten des Atlantiks auswirken.
Die EU diskutiert nun angemessene Reaktionen. Neben der Ankündigung möglicher Gegenmaßnahmen werden auch Klagen bei der WTO erwogen. Richtig und wichtig ist, dass die EU geschlossen und entschieden auftritt und sich klar gegen Protektionismus einsetzt. Beide Szenarien bergen jedoch die Gefahr einer Eskalationsspirale, die am Ende der Weltkonjunktur schadet und die es zu vermeiden gilt.
„Es gilt, im Dialog zu bleiben und gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suchen.“
Die Entscheidung Präsident Trumps, vorläufig Kanada und Mexiko von den Zöllen auszunehmen und die Gespräche, die der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer Ende letzter Woche mit den Handelsvertretern der EU und Japan geführt hat, zeigen, dass die Tür für Gespräche noch geöffnet ist. Präsident Trump hat sich Änderungen bei der Höhe der Zölle sowie bei den betroffenen Staaten vorbehalten. Es gilt also, im Dialog zu bleiben und gemeinsam nach Lösungsansätzen zu suchen. In den USA gibt es nach wie vor etliche Stimmen, die an die erfolgreiche Partnerschaft in Abstimmung mit der EU und Deutschland glauben. Mit ihnen stehen wir in engem Kontakt. Als Vertreter der transatlantischen Wirtschaft setzen wir uns in Gesprächen kontinuierlich für den Freihandel und ein gemeinschaftliches Handeln ein. Denn die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen sind nicht nur in ihrem Volumen und ihrer Innovationskraft einzigartig, sie sind auch die Eckpfeiler unserer Partnerschaft.
Eveline Metzen ist seit dem 01.12.2016 General Manager der American Chamber of Commerce in Germany e.V. Von 2011 bis November 2016 war Eveline Metzen geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Atlantik-Brücke in Berlin und von 2008 bis 2011 Executive Director des Amerika Haus NRW. Sie ist Alumna der Baden-Badener Unternehmergespräche, Mitglied des Kuratoriums des Auswandererhauses Bremerhaven und Mitglied der Frankfurter Gesellschaft.