Diskussion mit Jocelyn Kiley vom Pew Research Center: „How United is the United States?“
Genau einen Monat nach der Amtseinführung Donald Trumps zog Jocelyn Kiley, Associate Director of US Political Research am renommierten Pew Research Center, am 20. Februar Zwischenbilanz.
Kiley konzentriert sich in ihrer Arbeit am Pew Center auf die politische Polarisierung in den USA. Zu Beginn ihres Vortrags zeichnete sie ein deutliches Bild der gegenwärtigen politischen Landschaft. Sie berichtete, dass sich die Mehrheit der Republikaner und Demokraten vor 20 Jahren noch auf viele gemeinsame politische Werte verständigen konnten – heute sind die Positionen sehr viel divergenter. In diesem Zusammenhang verwies Kiley auf eine Umfrage zur Meinung von Demokraten und Republikanern über die Anhänger der jeweils anderen Partei. Seit 20 Jahren nehmen die Parteianhänger einander negativ wahr; die Intensität der Ablehnung stieg jedoch stetig.
Jocelyn Kiley hob hervor, dass Forschungsergebnisse von Pew wachsendes Misstrauen breiter Bevölkerungsschichten gegenüber der Regierung belegten. Das Vertrauen der Amerikaner in die Regierung nimmt seit den frühen Sechzigerjahren stetig ab.
Zusätzlich zu Umfrageergebnissen von 2015 und 2016 konnte Kiley auch brandaktuelle Daten präsentieren, die vom 7. bis 12. Februar, also in der dritten Woche der Trump-Präsidentschaft, erhoben worden waren. Ein anschaulicher Vergleich zwischen Trump und fünf seiner Amtsvorgänger zeigte die historisch niedrigen Zustimmungswerte für die Trump-Administration. Die Republikaner stehen zwar genauso geschlossen hinter ihrem Präsidenten stehen wie die Demokraten 2009 nach der Amtseinführung hinter Obamas standen. Was Trumps Umfragewerte von denen seiner Vorgänger unterscheidet, ist jedoch der Mangel an Zustimmung aus der jeweils anderen Partei. Während Obama die Zustimmung von 37% der Republikaner genoss – George H.W. Bush kam bei den Demokraten sogar auf 46% – konnte Trump gerade einmal 8% der Demokraten hinter sich versammeln. Kiley ging außerdem darauf ein, wen die Befragten für die Gewinner und Verlierer der Trump-Administration halten. Parteiunabhängig gehen 64% der Befragten davon aus, dass wohlhabende Menschen profitieren werden, während die ärmere Bevölkerung in den Augen von 55% verlieren werde. Die bewusst offengehaltene Frage, ob „Menschen wie sie selbst“ unter der Regierung Trump zu den Verlierern zählen werden, bejahten 40% der Befragten. Nur 27% gehen davon aus, dass „Menschen wie sie selbst“ von der Politik der Trump-Administration profitieren werden.
Darüber hinaus erklärte Kiley am Beispiel Freihandel, wie Themen während eines Wahlkampfs ideologisch aufgeladen werden können. Das passiere häufig bei Gegenständen, mit denen die Bevölkerung keinen täglichen Umgang habe und deshalb recht flexible Ansichten dazu hege.
In der anschließenden Diskussion mit den Gästen ging es unter anderem um strategische Schwächen der Clinton-Kampagne während des Wahlkampfs sowie um tieferliegende Ursachen der Polarisierung. Darauf angesprochen, dass kein renommiertes Umfrageinstitut den Wahlsieg Donald Trumps vorhergesehen habe, erläuterte Kiley, dass sie die Rolle von Meinungsforschern nicht darin sehe, Ergebnisse vorherzusagen, sondern Trends zu erforschen und das Geschehene zu erklären. Darin unterscheide sich die Aufgabe eines Meinungsforschers von der eines Wahlkampfleiters.