Europa-Wahlen

Ein transatlantischer Rechtsblock: Wie groß ist die Gefahr?

Wie groß ist die Gefahr eines transatlantischen Rechtsblocks zwischen der AfD und dem Trump-Lager? Trotz aller Unterschiede gibt es Hinweise auf  Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen den rechtspopulistischen Bewegungen in Europa.

Ein Gastbeitrag von Ines Pohl

Auf beiden Seiten des Atlantiks, in Europa wie in den Vereinigten Staaten, hat sich mit dem Erstarken rechtspopulistischer Bewegungen und Parteien ein bedeutender politischer Wandel vollzogen. Es gibt Indikatoren, die nahe legen, dass sich ein transatlantischer Rechtsblock zwischen der Alternative für Deutschland (AfD), Trumps Lager und rechten europäischen Parteien bildet. Doch Vorsicht: Obwohl es Verbindungen und Ähnlichkeiten zwischen diesen Bewegungen gibt, ist es wichtig, die bestehenden Unterschiede und Spannungen zu berücksichtigen.

Dennoch müssen die europäischen Demokratien wachsam sein und die potenziellen Gefahren erkennen, die diese Koalitionen für die Demokratie darstellen. Wie so oft, kann Europa viel von Entwicklungen in den USA lernen –den guten, wie den schlechten, da diese oft mit etwas Verspätung auch auf dem alten Kontinent ankommen.

Die AfD ist eine rechtspopulistische Partei in Deutschland, die seit ihrer Gründung im Jahr 2013 an Einfluss gewonnen hat. Mit ihrer antieuropäischen Rhetorik und ihrer Kritik an der Einwanderungspolitik hat die AfD eine bedeutende Anhängerschaft gewonnen und ist in den Deutschen Bundestag eingezogen. Auf der anderen Seite hat das Trump-Lager in den Vereinigten Staaten mit der Wahl von Donald Trump zum Präsidenten im Jahr 2016 einen politischen Wandel herbeigeführt.

Trumps nationalistische und protektionistische Agenda, seine Kontroversen und seine Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen haben zu einer tiefen Spaltung des Landes geführt, seine Anhängerschaft ist stark und einflussreich in der amerikanischen Wirtschaft und Politik. Daran ändern auch mehrere laufende Gerichtsverfahren nichts. Im Gegenteil: Ein knappes halbes Jahr vor der nächsten Präsidentschaftswahl scheint es mindestens möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich, dass er es mit seinen rechts-populistischen Parolen schafft, den Kampf ums Weiße Haus noch einmal zu gewinnen .

In Europa haben in den letzten Jahren neben der deutschen AfD auch andere rechtspopulistische Parteien an Bedeutung gewonnen. Beispiele sind der Rassemblement National in Frankreich, die Lega Nord in Italien und die Freiheitspartei in den Niederlanden. Zwar gibt es Ähnlichkeiten zwischen diesen rechtspopulistischen Bewegungen, wie etwa ihre Ablehnung der liberalen internationalen Ordnung und ihr Versprechen eines Wandels für das „gemeine Volk“ und die Ablehnung der Europäischen Union, eine restriktive Einwanderungspolitik und einen nationalistischen Ansatz.

Zwischen den rechtsextremen Parteien gibt es Unterschiede und Spannungen

Doch ist es wichtig, die Unterschiede und Spannungen zwischen ihnen zu beachten. So vertritt die AfD in Deutschland im Vergleich zu einigen anderen rechtsextremen Gruppen in Europa eine gemäßigtere Position zur Einwanderung. Das Trump-Lager und bestimmte europäische rechtspopulistische Parteien haben auch unterschiedliche Schwerpunkte und Ansätze in Bezug auf nationale Sicherheit, Handelspolitik und andere Themen.

Trotz dieser Unterschiede gibt es Hinweise auf ein gewisses Maß an Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen diesen rechtspopulistischen Bewegungen. Es ist bekannt, dass Vertreter dieser Bewegungen an Treffen, Konferenzen und Austauschprogrammen teilnehmen, bei denen sie Ideen und Strategien austauschen und Kontakte knüpfen können. Darüber hinaus gibt es Berichte über finanzielle Unterstützung und strategische Kooperationen zwischen verschiedenen rechtspopulistischen Gruppen.

Und dennoch wäre es vorschnell, von der Bildung eines einheitlichen transatlantischen rechtsgerichteten Blocks zu sprechen. Die politische Landschaft ist komplex und dynamisch, in jedem Land gibt es unterschiedliche Schwerpunkte und auch andere politische Kräfte und Bewegungen, die diesen rechtspopulistischen Strömungen entgegenwirken.

Gleichwohl  ist es wichtig, die potenziellen Gefahren zu bedenken, die die Bildung eines transatlantischen Rechtsblocks für die Demokratie in Europa darstellen könnte. Zu diesen Gefahren gehören die Aushöhlung demokratischer Normen, die Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft, die Bedrohung von Minderheitenrechten, die Schwächung der europäischen Einheit und die Manipulation der öffentlichen Meinung.

„Die Förderung der Medienkompetenz und des kritischen Denkens immer wichtiger, um Desinformation und Propaganda entgegenzuwirken.“

Es gibt durchaus Möglichkeiten, die demokratischen Grundsätze zu schützen. Gerade hier in den USA  erleben wir, wie wichtig die Stärkung der demokratischen Institutionen ist, einschließlich dem Schutz der Unabhängigkeit und Integrität von Institutionen wie der Justiz, den Wahlbehörden und den Korruptionsbekämpfungsstellen. Angesichts der zunehmenden Unterwanderung des politischen Diskurses durch gezielte Fehlinformationen, wird zudem die Förderung der Medienkompetenz und des kritischen Denkens immer wichtiger, um Desinformation und Propaganda entgegenzuwirken. Nicht nur der Schutz, sondern die Gewährleistung einer freien und unabhängigen Presse ist entscheidend für die Aufrechterhaltung einer gesunden Demokratie. Gerade hier in den USA ist zu erleben, was es bedeutet, wenn Medien immer polarisierter und in diesem Sinne unkritischer und einseitiger werden.

Darüber hinaus kann die Stärkung der Wahlvorschriften die Integrität des Wahlprozesses gewährleisten, während die Unterstützung zivilgesellschaftlicher Organisationen deren Bemühungen um die Verteidigung demokratischer Grundsätze stärken kann. Die Förderung von Vielfalt, Gleichheit und Inklusion in Politik und Praxis kann der diskriminierenden Rhetorik und Politik rechtsgerichteter Koalitionen entgegenwirken. Die Stärkung der europäischen Zusammenarbeit ist unerlässlich, um gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen und die Vorteile von Einigkeit und gemeinsamem Handeln zu demonstrieren.

Obwohl es Anzeichen für eine Zusammenarbeit und Vernetzung zwischen diesen Bewegungen gibt, ist es verfrüht, von einem voll ausgebildeten transatlantischen Rechtsblock zu sprechen. Die potenzielle Gefahr, die diese Koalitionen für die Demokratie in Europa darstellen, müssen allerdings jeden aufrechten Demokraten beunruhigen.

Über die Autorin: Ines Pohl leitet seit Juli 2020 das DW Studio Washington. Zuvor war sie von 2017 bis 2020 Chefredakteurin der DW.

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