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Eine Stadt im Ausnahmezustand

Reisebericht aus Washington, DC
Eine Stadt im Ausnahmezustand Foto: Jomar Thomas

Von Katharina Draheim und Robin Fehrenbach

„Everything looks so solid – but it is not“, konstatiert Sharon Burke von der New America Foundation beim Blick aus dem 8. Stock an Washingtons 15th Street, nur eine Straße vom Weißen Haus entfernt. Die Expertin für Energie- und Sicherheitspolitik ist besorgt über den Zustand der amerikanischen Gesellschaft und fürchtet auch, dass die USA unter der aktuellen Regierung den guten Kontakt zu internationalen Partnern und Alliierten verlieren könnten. Die Stimmung in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten ist gedrückt. Das verwundert einerseits wenig, da 90,9% der Bewohner der Stadt, die von Donald Trump im Wahlkampf als der „Sumpf“ des Establishment angegriffen wurde, bei der letzten Wahl für Hillary Clinton gestimmt haben.

Die Stimmung in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten ist gedrückt.

Beachtlich ist jedoch, wie wenig Austausch zwischen diesem Establishment und der Administration auch fast ein Jahr nach der Inauguration von Präsident Trump stattfindet. Es gibt keine „revolving door“ zwischen den Think Tanks und der Administration, also keinen personellen Austausch zwischen den beiden Sphären. Dieser Austausch hatte unter bisherigen Regierungen immer dafür gesorgt, dass Politikexperten im engen Kontakt mit Regierungsbeamten standen und für ihre Expertise Gehör bekommen – auch über die Parteigrenzen hinaus. Konservative Think Tanks wie das American Enterprise Institute stehen vor der gleichen Schwierigkeit. Gary Schmitt, Resident Scholar am AEI, betont, wie ungewöhnlich dies sei. Zu republikanischen Präsidenten hatte das AEI bislang eine gute Arbeitsbeziehung.

US-Think Tanks sind in der jüngeren Vergangenheit häufig kritisiert worden – nicht zuletzt für die Quellen ihrer Finanzierung. Doch bei aller Kritik ist festzuhalten, dass in diesen Denkfabriken ein großer Reichtum an politischer Expertise versammelt ist, an dem die aktuelle Regierung kein Interesse zeigt.

Lokale Akteure gewinnen an Bedeutung.

Als Treiber der Politik werden lokale Institutionen und Akteure immer wichtiger – so sehen es viele Think Tank-Vertreter: Bundesstaaten, Städte und regionale Verbände sind darum eine entscheidende Zielgruppe für ihre Studien und Forschungsergebnisse geworden; hier werden neue Initiativen auch mit außenpolitischer Bedeutung entwickelt. Gwynne Taraska vom Center for American Progress berichtet beispielsweise von einem umfassenden Netzwerk für die Einhaltung der Richtlinie des Pariser Klimaschutzabkommens, in dem sich Unternehmen mit Städten und Bundesstaaten zusammengeschlossen haben.

Das Desinteresse an transatlantischer Zusammenarbeit ist nicht ubiquitär.

Magnus Nordenman, Direktor der Transatlantic Security Initiative beim Atlantic Council, sieht die Lage deutlich optimistischer als viele seiner Kollegen. Die Zeiten seien zwar politisch schwierig, doch sei das Desinteresse insbesondere an guter transatlantischer Zusammenarbeit nicht ubiquitär: “Domestically in the US I am beginning to see a pretty healthy counter reaction especially if you look at congressional interest in NATO, congressional delegations going to Europe, members of the Senate and the House talking about the importance of NATO and American commitments to Europe, and more funding to the European Deterrence Initiative.”

“ I am beginning to see a pretty healthy counter reaction especially if you look at congressional interest in NATO, […] and American commitments to Europe, and more funding to the European Deterrence Initiative.” Magnus Nordenman, Atlantic Council

Diese Beobachtung deckt sich mit dem großen Interesse des republikanischen Abgeordneten Steve Russell aus Oklahoma an einer engen Zusammenarbeit mit Europa. Doch er verbindet dies auch mit einer Kritik: Insbesondere die baltischen Staaten, Polen und Rumänien müssten gegenüber Russland gestärkt werden; Kritik in Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik dieser Staaten oder der polnischen Justizreform seien fehlgeleitet. Auch für TTIP sieht der Abgeordnete künftig Chancen: “President Trump is a dealmaker. You just have to make him an offer.“ Dieses TTIP, so Russell, würde allerdings möglicherweise nicht die gesamte Europäische Union einschließen.

Es gibt weiterhin viele Ansprechpartner für transatlantische Kooperation.

Matt Duss, außenpolitischer Berater von Senator Bernie Sanders, betont andere Schwerpunkte für die US-Außenpolitik als der republikanische Abgeordnete Russell. So hebt er hervor, dass Sanders vor allem an internationaler Kooperation und Partnerschaft zum Erreichen globaler Stabilität gelegen sei. Gemeinsam ist dem demokratischen Senator, der sich selbst als sozialistisch bezeichnet und dem Republikaner, dass sie den internationalen Beziehungen große Bedeutung beimessen.

Wenn die Zusammenarbeit mit den USA auf Regierungsebene einige Schwierigkeiten bereithält, so ist doch klar, dass es in der Hauptstadt eine große Zahl von Ansprechpartnern für die transatlantische Kooperation gibt – sowohl in den Think Tanks als auch auf dem Capitol Hill.

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