Außen- und Sicherheitspolitik

Lastenteilung in der NATO und hybride Bedrohungen

Gespräch mit dem SACEUR, den U.S. Component Commanders und deutschen Generälen

Der Supreme Allied Commander Europe der NATO und Commander des U.S. European Command, General Curtis M. Scaparrotti, analysierte am 29. November 2018 mit etwa 30 hochrangigen Vertretern des Militärs, mit Bundestags-Abgeordneten sowie Wirtschafts- und Medienvertretern beim 24. Expertentreffen mit dem U.S. European Command außen- und sicherheitspolitische Themen.

Die Teilnehmer des Roundtables konzentrierten ihre Diskussion vor allem auf die europäische Sicherheitsarchitektur und die weitere Entwicklung des westlichen Bündnisses sowie auf strategische Antworten Europas und der USA auf hybride Bedrohungen.

Die Experten stimmten darin überein, dass das transatlantische Bündnis ein entscheidender Faktor für Stabilität in Europa bleibe. Seitdem die sicherheitspolitischen Herausforderungen nach dem Ende des Kalten Krieges mehrdimensional geworden seien, habe die NATO umfassende strategische Anpassungen durchlaufen, um diese veränderten Herausforderungen zu bewältigen. Dies habe der Allianz Fortschritte ermöglicht in Bezug auf Planungsprozesse, Bereitschaft für Einsätze, Mobilität und die Kommandostruktur. Die Teilnehmer betonten, dass die 29 NATO-Mitgliedstaaten diese Anpassungen mit großer militärischer Geschlossenheit zu Lande, zu Wasser und zu Luft durchgeführt hätten. Multinationale Kampfgruppen der Enhanced Forward Presence dienten als ein starkes Beispiel für die Einheit der Bündnispartner.

Der destabilisierende Einfluss, den insbesondere Russland in aggressiver Weise auf Europa ausübt, nahm bedeutenden Raum in der Diskussion ein. Aus aktuellem Anlass verurteilten die Teilnehmer einstimmig die russischen Handlungen im Asowschen Meer, die unmittelbar vor dem Treffen mit dem SACEUR stattgefunden hatten. „Russland verwendet konventionelle und unkonventionelle Waffen sowie Cyber-Instrumente, um unsere Resilienz in Frage zu stellen“, sagte ein Experte. Die NATO konzentriere sich darauf, die territoriale Integrität, die nationale Souveränität und die gemeinsamen Werte ihrer Mitgliedstaaten zu verteidigen. Die Teilnehmer stimmten darin überein, dass die Stärke der internationalen Ordnung das eigentliche Fundament für die Sicherheit im transatlantischen Raum darstelle. Ein Experte brachte es wie folgt auf den Punkt: „Wir müssen unser Narrativ von Frieden, Wohlstand und unseres zivilisatorischen Erbes kommunizieren.“

Mit Blick auf die kontroverse Debatte um faire transatlantische Lastenteilung unter den NATO-Mitgliedstaaten stellte die Mehrheit der Teilnehmer fest, dass mehrere europäische NATO-Mitglieder Fortschritte in ihren Anstrengungen erzielten, ihre Beiträge zu den Verteidigungsausgaben zu erhöhen. „Manche Nationen können ihre Ausgaben nicht innerhalb eines Jahres auf zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts anheben. Sie benötigen dafür Zeit bis 2024“, bemerkte ein Experte mit Bezug auf die Übereinkunft, die die NATO während ihres Gipfels in Wales 2014 getroffen hatte. Was die Bundesrepublik Deutschland angeht, werteten es manche Teilnehmer als Zeichen des Fortschritts, dass der Deutsche Bundestag den Haushaltsplan bewilligte – dieser sieht einen Anstieg von zwölf Prozent im Vergleich zu 2018 vor. Der Anstieg macht 36 Prozent aus, zieht man 2014 als Vergleichsgröße zu Rate.

Der zweite und abschließende Teil des Diskussion stellte den Umgang mit hybriden Bedrohungen in den Mittelpunkt. Dabei wurde festgehalten, dass „Krisen in der Vergangenheit isoliert waren und begrenzte Ressourcen beanspruchten. Heute dagegen weiten hybride Bedrohungen Grenzen aus – und oftmals verursachen nicht-staatliche Akteure diese Art der Gefahren. Es ist schwieriger geworden, Bedrohungen zu verorten und zu bestimmen, wer dafür verantwortlich ist.“

Ein wichtiges Argument im weiteren Verlauf der Diskussion war, dass die westliche Demokratie verwundbar ist, wenn Cyberattacken stattfinden und Desinformationen verbreitet werden. Manche Teilnehmer verliehen ihrer Sorge Ausdruck, dass sich die deutsche Bevölkerung hybrider Bedrohungen nicht bewusst sei. Daher sei es von essenzieller Bedeutung, zu verstehen, dass Cyberangriffe die nationale Sicherheit bedrohten. Um diesen Bedrohungen zu begegnen, etablierte Deutschland im Jahr 2017 das Kommando Cyber- und Informationsraum.

Auch die NATO etablierte ein Cyberkommando, und zwar als abgegrenztes Streitkräftekommando innerhalb der Struktur des Bündnisses. Auch das Kommando der Vereinigten Staaten für Europa hat ein eigenständiges Cyberkommando. „Der Westen muss auf hybride Herausforderungen kollektiv antworten, da keine Nation für sich die Fähigkeit besitzt, auf all diese Bedrohungen zu antworten“, unterstrich ein Teilnehmer.

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