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Mitgliederreise in die USA – 2016 Battleground Study Tour

Madison und Milwaukee, Wisconsin & Chicago, Illinois
9. -14. Oktober 2016

Die USA-Mitgliederreise im Herbst 2016 stand ganz im Zeichen der amerikanischen Präsidentschafts- und Kongresswahlen. Vier Wochen vor dem Wahltag reiste eine Delegation von Atlantik-Brücke-Mitgliedern in den Mittleren Westen, um die Stimmung im Land zu erkunden und einen Eindruck vom möglichen Wahlausgang zu gewinnen. Im Zentrum der Reise stand der zwischen Demokraten und Republikanern hart umkämpfte Bundesstaat Wisconsin, aber auch ein Abstecher in die „Hauptstadt“ des Mittleren Westens, Chicago, fehlte nicht. Das Programm unter der Überschrift „2016 Battleground Study Tour“ wurde von der Atlantik-Brücke zusammen mit der Congressional Study Group on Germany organisiert.

Gleich nach der Ankunft in Madison erhielt die Delegation eine grundlegende Einführung in die politische Lage im „Battleground State“ Wisconsin. Weil dieser Bundesstaat nicht fest in demokratischer oder republikanischer Hand ist, machen sich hier Kandidaten beider Parteien berechtigte Hoffnungen auf den Sieg. Bei den letzten beiden Präsidentschaftswahlen stimmten die Bürger Wisconsins zwar mehrheitlich für Barack Obama, doch in das House of Representatives entsandten sie zuletzt mehr republikanische Abgeordnete und auch der Gouverneur dieses „purple state“ ist seit 2011 ein Republikaner. Viele von Wisconsins politischen Hauptakteuren sollte die Delegation in den folgenden Tagen treffen.

Beim Frühstück mit dem Kongressabgeordneten Mark Pocan (U.S. House of Representatives) und Senator Fred Risser (Wisconsin State Senate) wurde über den Zustand des amerikanischen Parteiensystems diskutiert. Die beiden Demokraten zeigten sich besorgt angesichts des Rückgangs überparteilicher Zusammenarbeit, den sie nicht zuletzt auf den Aufstieg der Tea Party zurückführten. Durch den aggressiven Wahlkampfstil Donald Trumps hätten sich die Grabenkämpfe noch einmal verschärft. Als Konsequenz aus dieser Polarisierung sei auch eine weiter sinkende Wahlbeteiligung zu befürchten. Aus einer anderen Perspektive argumentierte direkt im Anschluss die Republikanerin und Stellvertretende Gouverneurin des Bundesstaates Wisconsin, Lieutenant Governor Rebecca Kleefisch. Neben ihren Einschätzungen zu den beiden Präsidentschaftskandidaten lenkte sie den Blick auf die Ebene der Bundesstaaten. Hier sei überparteiliche Zusammenarbeit nach wie vor gängige Praxis. Die ideologischen Unterschiede seien weniger prononciert, man setze, so betonte sie, auf pragmatische Kooperation.

Der Weg von Madison nach Milwaukee führt durch die sogenannten „WOW Counties“, drei Bezirke namens Waukesha, Ozaukee und Washington, die im Gegensatz zu den zwei blaugefärbten, sprich demokratisch wählenden, Großstädten tiefrot, also sehr konservativ, sind. Hier traf die Delegation den langjährigen Kongressabgeordneten Jim Sensenbrenner (U.S. House of Representatives), um mit ihm über den Wahlkampf und den Zustand der republikanischen Partei zu sprechen. Beide Themen kamen auch beim anschließenden Besuch im Hauptquartier der Republikaner in Waukesha zur Sprache, wo sich Pete Meachum (Wisconsin State Director of Donald J. Trump for President) den Fragen der Teilnehmer stellte. Einen äußerst kritischen Blick auf die Präsidentschaftswahl warf der konservative Radiomoderator Charlie Sykes (Midday with Charlie Sykes on 620 WTMJ), dessen Position sich mit „never Trump, never Hillary“ zusammenfassen lässt. Er zeigte sich frustriert angesichts dieser beiden Kandidaten und ihres weitgehend inhaltsleeren Wahlkampfs. Dabei kam er nicht zuletzt auf die Rolle der Medien zu sprechen, die, so Sykes, von Sensationslust getrieben seien und immer seltener als neutrale Mittler aufträten, sondern zunehmend ihre eigenen, alternativen Realitäten erschüfen. Der Tag in Milwaukee klang aus beim Abendessen in der Lakefront Brewery, einer der zahlreichen lokalen Brauereien.

Ein Höhepunkt der Reise war das Treffen mit Wisconsins Gouverneur Scott Walker, der die Delegation ins State Capitol in Madison eingeladen hatte. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat der Republikaner zeichnete ein optimistischeres Bild von der Lage im Land. Er habe großes Vertrauen in die Vereinigten Staaten, ihre Krisenfestigkeit und ihre Fähigkeit zur Erneuerung. In Wisconsin und anderen Bundesstaaten sei zu beobachten, wie Politik funktioniere und zum Beispiel erfolgreich Arbeitsplätze schaffe.

Um den Arbeitsmarkt und die Vorbereitung darauf ging es auch im Gespräch mit dem Universitätspräsidenten Dr. Raymond Cross (University of Wisconsin System). Dieser verwies auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung seiner Universität für den Bundesstaat Wisconsin, verteidigte aber zugleich die „Wisconsin Idea“ genannte Philosophie, dass die Universität der Wahrheitssuche und dem Allgemeinwohl verpflichtet sei, also nicht allein der passgenauen Ausbildung von Fachkräften diene. Wie die Politik das Universitätsleben prägt, wurde in einer Diskussion mit Professoren und Studierenden der University of Wisconsin-Madison deutlich. Die Studierendenvertreter schilderten ihre Bemühungen, Wähler zu registrieren und Unentschiedene zum Wählen zu mobilisieren. Aber auch das hochemotionale Thema der „political correctness“ kam hier zur Sprache und offenbarte sehr unterschiedliche Meinungen über den Auftrag der Universität und das Zusammenleben auf dem Campus.

Eine neue Sicht auf Wisconsin vermittelte ein Treffen mit Vertretern des Wisconsin Technology Council, die den Bundesstaat als attraktiven Standort für Start-Ups und Tech-Unternehmen präsentierten. Die Diskussion unter Leitung des Präsidenten Tom Still drehte sich um unterschiedliche Finanzierungsmodelle, unternehmerische Kulturen und die Rolle akademischer Einrichtungen sowie staatlicher Institutionen bei der Schaffung eines innovationsfreundlichen Geschäftsklimas.

Mit diesen Eindrücken reiste die Delegation nach Chicago weiter, wo abschließend ein Besuch im Hauptquartier der Boeing Company auf dem Programm stand. Travis Sullivan (Vice President, Enterprise Strategy) und Brian Moran (President, EU/NATO Relations) gaben Einblicke in die wirtschaftlichen und politischen Umfelder, in denen der Luftfahrtkonzern agiert. Aber auch der Präsidentschaftswahlkampf war noch einmal Thema, nämlich im Gespräch mit Jeremy Bird, einem der zentralen Strategen in Barack Obamas Wiederwahlkampagne und Berater der aktuellen Clinton-Kampagne. In den Räumlichkeiten seiner Beratungsfirma 270 Strategies erfuhr die Delegation, wie stark datenbasiert Wahlkampagnen in den USA agieren und welche Ansätze sie für die Wählermobilisierung nutzen. So wurden einmal mehr die großen Unterschiede zwischen Wahlkämpfen in Deutschland und den USA sichtbar.

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