Optimismus in Zeiten des Krieges
Beim 27. Atlantik-Brücke-Gespräch mit dem Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) und dem Generalinspekteur der Bundeswehr ging es um Russlands Krieg in der Ukraine, die Lage der NATO und Deutschlands Zeitenwende.
Von Robin Fehrenbach
General Christopher G. Cavoli, SACEUR, und General Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr, würdigten beim Gespräch in Berlin die geschlossene Unterstützung der USA, Deutschlands und der Europäischen Union für die von Russland völkerrechtswidrig überfallene und in weiten Teilen völlig zerstörte Ukraine. Der Zusammenhalt der transatlantischen Partner sei stärker als jemals zuvor, was trotz der schwierigen Zeiten Anlass zu Optimismus biete. Durch Russlands Angriffskrieg habe die NATO ihren Fokus von Out-of-Area-Einsätzen wieder auf die kollektive Landes- und Bündnisverteidigung mit hoher Einsatzbereitschaft verlagert. Es gehe letztlich um eine durch die Resilienz der gemeinsamen Streitkräfte erzeugte Abschreckung für Freiheit, Sicherheit und Wohlstand.
Unter der Leitung von Sigmar Gabriel, Vorsitzender der Atlantik-Brücke, und der Moderation von Tina Hassel, Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, diskutierten Abgeordnete des Deutschen Bundestages, hochrangige Vertreterinnen und Vertreter des amerikanischen und deutschen Militärs sowie der US-Botschaft in Berlin und der Bundesregierung, Expertinnen und Experten von Thinktanks und Medien und Stakeholder der Industrie mit den beiden Generälen in diesem Format erstmals im Bundesministerium der Verteidigung. Mit Blick auf den zermürbenden Abnutzungskrieg in der Ukraine sei die westliche Allianz vor allem gefordert, den mit sehr hohen Kosten verbundenen logistischen Nachschub von Waffen und Munition aus eigenen Lagerbeständen und einer hochgefahrenen Produktion der Rüstungsindustrie sowie die schnelle Ausbildung von ukrainischen Soldaten zu gewährleisten. Dies sei eine gewaltige Herausforderung insbesondere für die Bundeswehr, die sich erst am Anfang einer außen- und sicherheitspolitischen Zeitenwende befinde.
Darüber hinaus analysierten die Teilnehmenden weitere Bedrohungen für die freie Welt: Terrorismus, den in erster Linie technologischen und geoökonomischen Wettbewerb der Großmächte USA und China nicht nur im Indopazifik, Cyberattacken, hybride Kriegsführung durch nicht-staatliche Akteure und den Klimawandel. Mehrere Fachleute betonten außerdem, dass eine klar erklärende Kommunikation einer starken zivilen, politischen Führung in Bezug auf die Neuausrichtung der Bundeswehr unabdingbar sei, um den Rückhalt in der Bevölkerung für diesen Wandel zu bekommen. Auch das Implementieren von einheitlichen Standards für eine stark ausgeprägte Kompatibilität und Interoperabilität der militärischen Fähigkeiten innerhalb der aktuell 30 NATO-Mitglieder – die sich abzeichnende Aufnahme Finnlands und Schwedens begrüßte die Expertenrunde einhellig vor allem aufgrund eines dann strategischen Vorteils in der Ostsee – war ein wichtiger Gesprächsgegenstand.