„TTIP: Eine historische Chance für die transatlantische Partnerschaft?“
Vortrag & Diskussion mit Jeffrey Tessler (Deutsche Börse), Kathryn Ruemmler (Latham & Watkins), Prof. Dr. Michael Hüther (Institut der Deutschen Wirtschaft Köln) und Dr. Simone Peter (Bündnis 90/Die Grünen)
Am 3. März kamen rund achtzig Mitglieder und Young Leaders-Alumni der Atlantik-Brücke in die Frankfurter Wertpapierbörse, um sich bei einem Vortrag und anschließender Podiumsdiskussion mit dem transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) auseinanderzusetzen. Die Deutschen Börse AG und das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln waren Kooperationspartner.
Eröffnet wurde die Veranstaltung aus der amerikanischen Perspektive von den beiden Rednern Jeffrey Tessler, Vorsitzender des Vorstands der Clearstream Holding AG und Mitglied des Vorstands der Deutsche Börse AG und Kathryn H. Ruemmler, Partner bei Latham & Watkins LLP und ehemaliger Rechtsberaterin von US-Präsident Barack Obama.
Jeffrey Tessler betonte in seinem Statement, dass das geplante Abkommen in Zeiten wachsender globaler Unsicherheit eine Säule der Stabilität sein könne. TTIP hätte das Potential, das transatlantische Verhältnis grundlegend zu stärken, auch über den Handel hinaus. Auch die in vielen europäischen Staaten kränkelnde Wirtschaft könne durch TTIP den nötigen Anschub bekommen. Die Bedenken der Verbraucher gegenüber dem Abkommen sollten aber nicht übergangen werden.
Kathryn Ruemmler, die ehemalige Rechtsberaterin von Präsident Obama, berichtete von der Debatte um TTIP in den USA. Die Regierung stehe hinter TTIP und glaube daran, dass das Abkommen sowohl die amerikanische Wirtschaft stärken könne – insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen – als auch die transatlantischen Beziehungen als Ganzes. Um sowohl TTIP als auch das transpazifische Abkommen TPP verabschieden zu können, müsse der Präsident vom Kongress jedoch die Fast Track Promotion Authority bekommen, die es ihm erlaubt, Abkommen auszuhandeln, die vom Kongress anschließend nur als Paket ratifiziert oder abgelehnt werden können. Dies sei angesichts der republikanischen Mehrheit im Kongress und der tiefen Kluft zwischen Demokraten und Republikanern ein möglicher Fallstrick. Obwohl die Republikaner die Handelsabkommen nicht generell ablehnten, bestehe die Gefahr, dass sie ihnen allein deswegen Steine in den Weg legen werden, weil es sich um eine Initiative der Obama-Regierung handele. In der öffentlichen Debatte sei TTIP bei weitem nicht so präsent wie in Deutschland. Ablehnende Stimmen seien rar. Die amerikanischen Gewerkschaften, die internationalen Handelsabkommen in der Regel skeptisch gegenüber stehen, seien, nicht zuletzt aufgrund des in Europa geltenden strengen Arbeitsschutzes, TTIP gegenüber aufgeschlossen. Kritik werde vor allem an den geplanten Schiedsgerichten geübt – Gegner befürchten, dass diese indirekt dazu genutzt werden könnten, die Souveränität des Staates zu untergraben.
Im Anschluss an die Eingangsstatements folgte eine Podiumsdiskussion zwischen Professor Dr. Michael Hüther, Direktor und Mitglied des Präsidiums des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. und Dr. Simone Peter, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Moderiert wurde die Diskussion von Sven Afhüppe, Chefredakteur des Handelsblatts.
Dr. Peter betonte, dass TTIP aus Sicht der Grünen derzeit mehr Risiken als Chancen beinhalte. Ein Abbau von Handelshemmnissen sei prinzipiell begrüßenswert, ökologische und soziale Standards dürften dadurch aber nicht in Frage gestellt oder gar gesenkt werden. Diese Gefahr gehe vor allem von der vorgesehenen Schiedsgerichtsbarkeitsklausel des Abkommens aus. Die Furcht vor hohen Geldstrafen könne Staaten davon abhalten, Regulierungen zum Umwelt- oder Arbeitsschutz zu erlassen. Außerdem kritisierte sie die mangelnde Transparenz der Verhandlungen. Dr. Peter plädierte für eine Aussetzung der Verhandlungen, bis die in der Bevölkerung verbreiteten Vorbehalte gegen das Abkommen ausgeräumt sind.
Professor Dr. Hüther hob die aus seiner Sicht eindeutigen Vorteile des Abkommens hervor. Die USA und Europa seien bereits ein starker gemeinsamer Wirtschaftsraum; es sei jetzt jedoch nötig, weitere Schwellen für Handel und Investitionen zu beseitigen, um nicht das Nachsehen gegenüber der asiatischen Konkurrenz zu haben und ökonomische Erfolge auf beiden Seiten noch weiter zu fördern. Mit einem Aussetzen der Verhandlungen würde wichtige Zeit verschenkt und das Abkommen gefährdet. Die von Simone Peter geäußerten Bedenken teile er nicht, so Hüther: Auf beiden Seiten des Atlantiks gelten gleichermaßen hohe Standards, sodass Ängste vor einer Abwärtsspirale für Verbraucher und Arbeitnehmer keine Grundlage hätten. Er betonte, dass Deutschland mit vielen Staaten Abkommen hätte, in denen Schiedsgerichte eine wichtige Rolle spielten, ohne dass die staatliche Souveränität dadurch eingeschränkt werde.
In der anschließenden Debatte mit dem Publikum wurde unter anderem über die Bedeutung von Schiedsgerichten für kleine und mittelständische Unternehmen debattiert, aber auch über die Perspektiven, die das Abkommen gerade in der Kooperation im Bereich erneuerbarer Energien öffnen würde.